Das Leben von Gail Muller ist von chronischen Schmerzen geprägt. Als Teenager sagte man ihr, dass sie mit 40 Jahren an den Rollstuhl gefesselt sein würde, und sie kämpfte jahrelang darum, einen Weg zu finden, mit ihrer Krankheit umzugehen. Mit Hoffnung und Entschlossenheit hat sie allen Widrigkeiten getrotzt und sich geweigert, ihr Leben durch die vermeintlichen Grenzen der Krankheit bestimmen zu lassen. Heute ist sie Mitte 40, Autorin und Abenteurerin, und verbringt ihre Zeit damit, die eigenen Grenzen auszuloten und andere dazu zu inspirieren, dasselbe zu tun und ins Freie aufzubrechen.
In diesem Jahr wird sie den Continental Divide Trail bezwingen, eine 5.000 Kilometer lange Strecke von Kanada bis nach Mexiko. Doch bevor sie sich auf den Weg macht, begleitet sie ihre enge Freundin Kris Hallenga, die ebenfalls an einer unsichtbaren Krankheit leidet, auf ihrer ersten Mehrtageswanderung auf dem schottischen West Highland Way, um zu beweisen, dass die Natur wirklich für jeden geeignet ist – und um auf dem Weg Geld für wohltätige Zwecke zu sammeln!
Hier erzählen Gail und Kris, was diese Reise – und ihre Freundschaft – für beide bedeutet.
Das ist Gail:
In meinen frühen Teenagerjahren wurde mir von den Ärzten gesagt, dass ich wahrscheinlich bis zum Alter von 40 Jahren aufgrund von Problemen mit dem Bewegungsapparat an den Rollstuhl gefesselt sein würde – eine erschütternde Nachricht für jeden Menschen, und ganz besonders für ein Kind. Über fünfzehn Jahre lang hatte ich mit meiner unsichtbaren Krankheit und den damit einhergehenden chronischen Schmerzen zu kämpfen, gab aber nie die Hoffnung auf, eines Tages eine Lösung zu finden. Ich war fest entschlossen, mir eines Tages meinen Traum vom Langstreckenwandern und Abenteuern zu erfüllen. Schließlich gelang es mir und ich konnte meine Krankheit in den Griff bekommen. 2019, im Alter von 41 Jahren und nach Jahren der Suche nach einer Heilung für meine körperliche und geistige Gesundheit, machte ich mich erfolgreich auf eine der härtesten Wanderungen der Welt – den Appalachian Trail in Richtung Süden.
Ich muss weiterhin an mir, meinem „nicht normalen“ Körper und den Schmerzen arbeiten, um lange Strecken wandern zu können und an meine Grenzen zu gehen. Letztes Jahr bin ich den South West Coast Path gewandert, und in diesem Jahr werde ich den West Highland Way und dann den Continental Divide Trail in Richtung Süden wandern: 5.000 Kilometer von der kanadischen Grenze durch die USA bis zur mexikanischen Grenze im Süden.
Ich bin eine große Verfechterin einer umfassenderen Einbeziehung von Menschen in die Natur und der Kraft der Natur als Heilmethode. Als engagierte Frau, die an einer unsichtbaren Krankheit leidet, halte ich stolz die Fahne für diejenigen hoch, die sich in unserem derzeitigen Naturverständnis nicht gesehen fühlen, und ermutige Menschen aller Typen, Geschlechter, Fähigkeiten und Nationalitäten, ihren rechtmäßigen Platz in der Natur einzunehmen.
Diese Leidenschaft und meine Wanderungen führten mich an einem winterlichen Abend im Jahr 2019 nach London, um dort einen Vortrag zu halten. Dort lernte ich Kris Hallenga kennen, die ebenfalls auf der Rednerliste stand. Da wir beide in Cornwall lebten, waren wir uns sofort sympathisch, und unsere Freundschaft wuchs. Kris' Entschlossenheit und ihre Vision, über Brustkrebs zu sprechen, unzählige Leben zu retten und ihre eigene Verletzlichkeit und ihren Weg mit anderen zu teilen, sind eine ständige Inspiration für mich. Sie und ich teilen die leidenschaftliche Überzeugung, dass Menschen mit chronischen Erkrankungen das gleiche Recht wie alle anderen haben sollten, sich in der freien Natur zu bewegen.
Abenteuer, ob groß oder klein, sind für alle da, und die Begegnung mit der Natur kann genau das sein, was betroffene Menschen brauchen.
Ich werde Kris auf dem West Highland Way bei ihrem ersten mehrtägigen Wanderabenteuer begleiten und ihr beweisen, dass es möglich ist, mit einer chronischen Erkrankung zurechtzukommen und trotzdem zu wandern, zu erkunden und die Freuden der Natur zu erleben. Als Frauen sind wir in der Natur oft unterrepräsentiert, aber mit der zusätzlichen Hürde einer unsichtbaren Krankheit werden wir in den Mainstream-Medien nur selten gezeigt, wie wir Spaß haben und die Natur erkunden. Ich möchte das ändern, und gemeinsam werden wir beweisen, wie viel Wunder, Freude und Heilung eine Dosis grüne Natur bewirken kann, was auch immer es ist, das einen plagt.
Ich könnte mir keine bessere Weggefährtin wünschen, um diese wunderschöne Strecke gemeinsam zu wandern. Kris hat bereits viel durchgemacht und hat noch viel vor sich, doch sie ist gerade dabei zu erkennen, dass sie noch mehr auf dem Kasten hat, als sie bisher wusste. Ich freue mich nicht nur darauf, unsere wunderbare Freundschaft nach draußen in das herrliche Unbekannte zu tragen, sondern auch auf die frische Luft und die Schlichtheit eines Tages mit klaren Zielen: wandern, essen, trinken und eine Unterkunft finden. Umgeben von grünen Bergen und weiten Ausblicken weiß ich, dass ich mich daran erinnern werde, wie stark ich wirklich bin, und dass wir alle schwierige Dinge bewältigen und dabei absolut erfolgreich sein können. Ich kann es kaum erwarten.
Das ist Kris:
Hallo! Ich bin Kris. Ich bin die Gründerin der Brustkrebsstiftung CoppaFeel!, schwimme gerne in kaltem Wasser, liebe Katzen, backe Kuchen und bin jetzt offiziell auch Autorin – wow. Im Jahr 2009 wurde bei mir im Alter von 23 Jahren Brustkrebs diagnostiziert. Als die Krankheit entdeckt wurde, hatte sie sich bereits auf andere Teile meines Körpers ausgebreitet und galt daher als unheilbar. Aber jetzt, über 12 Jahre später, bin ich dabei, eine fantastische Wanderung zugunsten von CoppaFeel! anzutreten.
Meine Lebensaufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass jede Frau auf ihre Brüste achtet und dass die Welt versteht, wie wichtig es ist, sich für die eigene Gesundheit einzusetzen, die Kontrolle über den eigenen Körper zu haben und sich bewusst zu machen, dass es durchaus möglich ist, ein außergewöhnliches Leben MIT Krebs und darüber hinaus zu führen.
Ich lernte Gail bei einem Vortragsabend in einer Bar in London kennen. Ich war ziemlich neugierig auf unser Treffen, da sie A. auch aus Cornwall kam und B. über ein Abenteuer sprechen wollte, das sie noch gar nicht erlebt hatte. Sie wollte gerade zu ihrer ersten langen Wanderung auf dem Appalachian Trail aufbrechen – etwas, wovon ich bis dahin noch nie gehört hatte, und ihr Enthusiasmus und ihre Energie haben mich zutiefst beeindruckt. Und so wurden wir Freundinnen.
Ich stelle mich jedes Jahr einer ziemlich großen Herausforderung, um Geld für CoppaFeel! zu sammeln – letztes Jahr bin ich 12 Stunden lang auf einem Trampolin gesprungen und habe so über 60.000 Pfund gesammelt! Dieses Jahr wollte ich mal in die freie Natur aufbrechen. Meine einzige längere Wanderung war 2016 in Island, aber da musste ich meine ganze Ausrüstung nicht selbst tragen, also ist das hier schon eine Steigerung.
Als Gail mich fragte, ob ich mit ihr eine kürzere, aber immer noch beeindruckende Wanderung machen wolle, versprach sie mir Käse, Wein und blühende Wiesen in den Alpen. Aber coronabedingt mussten wir die Tour de Mont Blanc ausfallen lassen und uns stattdessen mit dem West Highland Way zufriedengeben. Ich bin natürlich immer noch überglücklich, denn ich liebe Schottland, doch auf meinen Käse muss ich wohl noch etwas länger warten.
Ich bin gespannt darauf, Gail in ihrem Element zu erleben, und ich habe keine Zweifel, dass sie uns auch durch die schwierigeren Situationen bringen wird, denn davon hat sie schon viele auf früheren Wanderungen erlebt und eindrucksvoll gemeistert. Ich denke, es wird Tage mit körperlichen Schmerzen geben (ich habe immer noch aktiven Krebs in vielen Knochen), und wenn Regen und Mücken mit von der Partie sind, werde ich vielleicht auch mit ein paar mentalen Qualen zu kämpfen haben. Ich bin mir ziemlich sicher, dass diese Wanderung nicht ganz leicht werden wird, aber ich habe schon vor langer Zeit erkannt, dass alles, was sich zu tun lohnt, nicht einfach sein soll. Ich weiß jedenfalls genau, dass unsere Tour überwältigend sein wird und dass wir alles in unserer Macht Stehende tun werden, um verdammt viel Spaß zu haben.
Mehr über die Reise von Kris und Gail entlang des schottischen West Highland Way erfahren Sie hier.
Verfolgen Sie ihre Tour auf Instagram:Kris @howtoglitteraturd
Gail @thegailmuller